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Fazit der Saison 2019

25.01.2020

Die Vorbereitungen für die Saison 2019 begannen Ende Oktober ausserordentlich früh, da mit dem Etappenrennen Cape Epic bereits Anfangs März ein Highlight eingeplant war. Bald trainierte ich hohe Umfänge und streute viele intensive Einheiten ein. Dass ich zu einer sensationellen Frühlingsform unterwegs war, zeigte sich bei einem Leistungstest Mitte Dezember, denn ich übertraf meine beste Abbruchleistung um 11% und schätzte meine Schwellenleistung auf 5.4W/Kg. Zum Vergleich: Gesamtklassementsfahrer der Tour de France sollen einen Schwellenwert zwischen 6 und 6.4W/kg haben (Quelle), jedoch würde ich für diese Athleten nicht meine Hand ins Feuer legen, dass sie ausschliesslich mit sauberen Methoden arbeiten. Im Februar durfte ich mein neues Arbeitsgerät - ein Lightrider CT - bei Thömus abholen, welches ich an 2 Wochenenden im Tessin testete.

Das Cape Epic war dann ein echtes Abenteuer. Es begann bereits am Flughafen in Kapstadt, als wir feststellten, dass ein Mietwagen mit Stufenheck für unser Gepäck schlecht geeignet ist, ein VW Polo hingegen unsere bescheidenen Anforderungen bestens erfüllte. Dass man auf der linken Strassenseite fahren sollte, war auch eine nette Überraschung.

Den Bericht zum Rennen findet ihr hier: https://www.olcw.ch/newsleser/1098.html

Zusammengefasst hatten wir jede Menge Spass auf den südafrikanischen Singletrails. Wir zogen beide unsere Krisentage ein, daher reichte es knapp nicht zum Gesamtsieg den wir Nino Schurter und Lars Forster überlassen mussten.

Nach dem Cape Epic kam ich dann nicht mehr richtig auf Touren. Obwohl ich mir eine ganze Woche Pause gönnte und sehr behutsam ins Training einstieg, hatte ich bald Mühe, mich von längeren oder intensiven Einheiten zu erholen. Anfangs dachte ich mir nicht viel dabei, doch nach x Monaten herumserbeln war auch mir klar, dass etwas nicht stimmen konnte.

Ich liess verschiedene medizinische Abklärungen durchführen, welche ergaben, dass ich kerngesund sei. Es blieb also nur die Schlussfolgerung, dass ich mich im Übertraining befand. Die Symptome davon sind Leistungsabfall, schlechte Erholung, schlechter Schlaf, schlechte Laune, Antriebslosigkeit, Depression, permanent saure Beine. Es gibt keine eindeutigen Diagnosekriterien. Der Umgang damit ist schwierig. Auch weil man sich in einem Teufelskreis befindet. Man sollte sich besser erholen, um aus der Abwärtsspirale raus zu finden, doch man schläft schlecht und erholt sich dadurch noch schlechter. Zudem weiss man nicht, wie lange dieser Zustand andauern wird.

Bei der Bike-OL-EM Ende Juli befand ich mich voll im Übertraining, bis zur WM konnte ich mich ein wenig erholen. Der Gewinn eines Diploms im Sprint überraschte mich daher.

Nach der WM trainierte ich lange nach dem Lust-und-Laune Prinzip. Das bedeutete, dass ich mich unter der Woche nicht bewegte, dies jedoch an den Wochenenden kompensierte. Endlich fand ich Zeit für lange gemütliche Touren mit meinen Freunden. Mehr durch Zufall entschied ich mich eines Tages, an einem Bike-Rennen zu starten. Dabei qualifizierte ich mich überraschend für die MTB-Marathon-WM, welche in Grächen stattfinden würde. Ursprünglich hatte ich mir die Selektion als Saisonziel gesetzt, doch aufgrund des Übertrainings alle vorgesehenen Qualifikationsrennen ausgelassen.

Das WM-Rennen selber verlief eher enttäuschend. Zwar setzte ich mein Konzept, zu Beginn zu pushen, erfolgreich um, denn ich stiess vom 147. Startplatz bis zur ersten Abfahrt in die Top 100 vor. Bereits beim ersten Anstieg musste ich feststellen, dass ich nicht den besten Tag erwischt hatte. 300 Watt sollten sich normalerweise für mich „gemütlich“ anfühlen, doch schon bald konnte ich nicht einmal mehr diese Pace halten. In den Anstiegen zogen viele bereits überholte Athleten wieder an mir vorbei. Erstaunlicherweise konnte ich in den Downhills mit den meisten mithalten und wurde sogar manchmal ausgebremst. Da konnte ich mit den Vorteilen eines Fullys mit absenkbarer Sattelstütze meine schlechteren Technik-Skills kaschieren.

Bei der zweitletzten Verpflegung in Kalpetran kämpfte ich zum ersten Mal mit Krämpfen. Die Aduktoren, von den technischen Downhills überlastet, zogen sich unkontrolliert zusammen. Die vorderen und hinteren Oberschenkelmuskeln hingegen funktionierten einwandfrei. So kam ich dem Ziel langsam aber stetig näher. Kurz vor Schluss nach 87 km und 3500 Höhenmeter dann die Apokalypse: Der vordere Oberschenkel verkrampfte sich so stark, dass ich nicht mehr weiter fahren konnte und absteigen musste. Schlechte Idee: halb vom Bike abgestiegen, verkrampften sich beide Beine so stark, dass ich der Länge nach hinfiel. Ich lag am Boden und schrie für eine Weile wie am Spiess, bis sich die Muskeln wieder etwas lösten und der Schmerz nachliess. Gerade als eine Gruppe von 4 Fahrern mich überholen wollte, stieg ich wieder aufs Bike. Ich wusste, dass es von dieser Stelle an dem Verlauf einer Soane nach ging, gefolgt von einem Downhill, bei dem ich die Gruppe zu distanzieren versuchte. Dies gelang mir auch. Da ich jedoch so langsam zur Ziellinie tuckerte, witterte ein Konkurrent seine Chance und versuchte mich zu überspurten. Ich hielt nicht dagegen, denn ich wollte nicht nochmal mit Krämpfen vom Bike fallen. Schlussendlich reichte es für den 117. Platz.

Die Vorbereitungszeit bis zum Saisonabschluss, einer Bike-OL Weltcuprunde im Erzgebirge war so kurz, dass ich kaum Trainingsfortschritte mehr erzielen konnte. Daher legte ich den Fokus auf optimale Regeneration. Endlich fühlte ich mich am Morgen wieder ausgeschlafen und freute mich richtig auf die kommenden Trainings und Wettkämpfe. Auch die miesen Wetterprognosen mochten dies nicht zu ändern. Es erwartete uns Dauerregen und mässiger Wind bei Temperaturen zwischen 2 und 5°. Zum Glück wurden wir beim Auftaktswettkampf, einer Langdistanz etwas geschont. Von oben wurden wir nur leicht berieselt, doch der Boden war von den ausgiebigen Niederschlägen tief. Dies galt es auch bei den Routenwahlen zu berücksichtigen. Schmale Wege waren tendenziell schlechter zu befahren als gewöhnlicherweise. Ich fand gut ins Rennen, konnte das Tempo permanent hoch halten, machte jedoch nach dem Kartenwechsel einen grösseren Routenwahlfehler. Danach zeigte ich eine einwandfreie Leistung, die mit einem 2. Platz belohnt wurde. Tags darauf zeigten Maja, Adrian und ich an der Mixed-Staffel alle eine solide Leistung und erreichten den 5. Platz. Für eine Podiums-Platzierung wäre von allen ein Exploit nötig gewesen oder das Versagen einer Spitzennation.

Beim letzten Rennen der Saison, einem Sprint Wettbewerb, zeigte ich eine Leistung die auch gut meine Saison wiederspiegelte. Ich zeigte super Abschnittszeiten, doch stempelte beim Kartenwechsel einen falschen Posten und wurde daher nicht klassiert. Die Analyse zeigte, dass ich auch mit langsamen Abschnittszeiten beim Kartenwechsel schnell genug unterwegs gewesen wäre, um einen zweiten Platz zu erreichen. Schade! Ich zeigte gute Ansätze, doch es fehlte schlussendlich die Präzision und Konstanz. Dies stellte ich auch bei der Auswertung der Saison 2019 fest. Der geniale Aufbau bis Mitte Dezember wurde durch unzureichende Erholung vor, während und nach dem Cape Epic zerstört. Dass immer bei Bike-OL-Wettkämpfen mit mir zu rechnen ist, zeigte ich bereits beim Sprint-Rennen an der WM und an der abschliessenden Weltcup-Runde im Erzgebirge.

Für die Saison 2020 will ich mich jetzt wieder zu 100% auf den Bike-OL fokussieren. Ich will an der WM in Tschechien erneut um Medaillen mitfahren können. Der Schlüssel dazu liegt bei ausreichender Erholung.


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