Berichte

R’adys Mountain Marathon

15.08.2013

Als mich Simon vor ungefähr zwei Monaten fragte, ob ich ihn an den R’adys Mountain Marathon begleiten wolle, sagte ich sofort zu, ohne zu wissen, auf was ich mich einliess. Je näher der Lauf rückte, desto mehr dämmerte es mir, dass es definitiv kein Zuckerschlecken werden würde. Das „Problem“ des Mountain Marathon ist, dass alles Gepäck (inkl. Nahrung und Wasser) beide Tage mitgetragen werden muss, so dass jedes überflüssige Gramm eines zu viel ist… Eine Woche vor dem Lauf begann ich, mich konkret vorzubereiten. Ernüchternd musste ich feststellen, dass weder mein Zelt, noch mein Schlafsack den Gewichtsansprüchen genügten. Mit Hilfe von Facebook und meinem Mitbewohner liess sich dieses Problem aber lösen – an dieser Stelle herzlichen Dank für die beiden ultraleichten Daunenschlafsäcke von Beat Wydenkeller (dem Bruder von Susanne) und seiner Freundin! In der Migros wurden mögliche Nahrungsmittel auf das Kalorien-pro-100-Gramm-Verhältnis abgecheckt, wobei sich der Reis als Testsieger behaupten konnte. Schnell noch ein paar Energieriegel und Gels eingekauft und ich war ready für den R’adys.

Im WKZ konnten wir noch einige nützliche Tipps von erfahrenen R’adys-Hasen entgegen nehmen und die Zeit reichte auch noch für einen Smalltalk mit Lupo, dem Bahnleger. (Peinlicherweise hat er mich ja am O-Ringen geschlagen…)

Mit der Sesselbahn ging es an den Massenstart, wo wir pünktlich um 10.30 die Koordinaten der Posten ausgehändigt bekamen. Speziell am R’adys ist nicht nur die Dauer und die Distanz, sondern auch, dass die Posten aus den Koordinaten herausgelesen und auf die Laufkarte (1:25‘000 Landeskarte) übertragen werden müssen. Selbstverständlich war das meine Aufgabe, da ich das ja schliesslich schon bei den Pfadfindern gelernt hatte!

Den Rest der kognitiven Arbeit erledigte schliesslich Simon, welcher stets Tempo machte und uns einigermassen ohne grössere Fehler durch den Parcours lotste. Bereits beim ersten Posten hatten wir die erste Schrecksekunde: Wir kamen auf den Weg und wussten erst nicht, ob wir zu hoch oder zu tief waren. Wir gingen einige Kehren hinunter und glücklicherweise behielten wir die Nerven, denn der Posten lachte uns bald darauf entgegen. Weiter ging es im Lauftempo, doch bereits beim zweiten Posten musste sich Simon den Rücken eintapen lassen – sein Rucksackmodell war (nett ausgedrückt) nicht gerade optimal für einen längeren Wander- oder Lauftag… Bei dieser Gelegenheit mussten wir uns auch die Führung nehmen lassen, welche wir aber kurz nach dem 3. Posten wieder zurückholten. Dies war auch das letzte Mal, als wir Gegnerkontakt hatten.

Simon entschied sich auf dem Weg zum 4. Posten, den Weg früh zu verlassen und im Hang langsam zu steigen. Die Belaufbarkeit war jedoch alles andere als gut und wir liessen schon hier einige wertvolle Kraftreserven liegen. Unsere Gegner sprinteten uns im Tal davon und waren bald nicht mehr gesehen (Im Ziel stellte sich heraus, dass sie den Posten falsch abgezeichnet hatten und so längere Zeit am falschen Ort suchten…). Kurz vor Posten 4 drückten wir uns den ersten Gel hinein, zumindest ich war an dieser Stelle bereits am Anschlag. Zu Posten 5 entschied sich Simon, welcher augenscheinlich noch frisch war, erneut für die kräfteraubendere Route über den Pass, und gegen die nördliche Umlaufroute. Dies erforderte als Konsequenz aber bereits den zweiten Gel. Kurz nach Posten 5 überholten wir Michael Lehmann, welcher mit seinem Kollegen etwas gemütlicher unterwegs war.

Vor dem Hörnlipass konnten wir unsere Wasserflaschen mit frischem Bachwasser auffüllen (wir entschieden uns dank Martin Widler für insgesamt 1.5 Liter, was sich als gute Entscheidung herausstellte). Bis zum 7. Posten kamen wir flott voran, doch danach wurde es hart. Die Beine und Füsse schmerzten und ein Hungergefühl machte sich bei uns breit. Wir realisierten langsam, dass es knapp werden könnte mit der Nahrung, obwohl wir für unterwegs 5 Gels und 4 Riegel pro Person eingeplant hatten. Wir kämpften uns möglichst kräfteschonend bis ins Ziel, wobei wir beim letzten Posten noch etwas mehr als 5min liegen liessen – auch ich hatte die Koordinaten falsch übertragen… Trotzdem reichte es für die klare Führung nach dem ersten Tag.

Beim Biwakplatz angekommen musste es schnell gehen: Regenerationsgetränk runterhauen, umziehen und möglichst schnell kochen. Es lief wie am Schnürchen: Die Metatabletten stellten sich als effizient heraus und schon bald gab es etwas zu knapp gegarten Tomatenreis. Schnell die zweite Portion für den Morgen kochen, das undichte (aber dafür leichte :-) ) Zelt aufstellen und schon um 19 Uhr waren wir in unseren Schlafsäcken. Hier ist zu erwähnen, dass sich Simon ein schweres Luxusmätteli gegönnt hatte, während ich auf einer abgeschnittenen Schaumgummimatte, welche von Nacken bis Becken reichte, nächtigte…

Am nächsten Morgen um 5:30 wurden wir mit einem Knallkörper geweckt. Es war frostig kalt draussen, und unsere Beine wollten sich ebenfalls noch nicht bewegen. So assen wir gemütlich im Zelt und realisierten erst zu spät, dass die Zeit knapp wurde. Kurz vor dem Jagdstart um 7Uhr wurde uns mitgeteilt, dass wir noch 10 Minuten Gehzeit an den Startpunkt einrechnen sollten, was unser Stress noch vergrösserte. Schliesslich erschienen wir ca. 2 Minuten zu spät am Start, was wir aber angesichts der klaren Zeitabstände gut verkraften konnten.

Auch der zweite Tag hatte es in sich: Vor allem die Steigung nach dem 4. Posten war kaum zu bewältigen – auf allen Vieren mussten wir emporklettern. Zu Posten 7 entschieden wir uns für die Umlaufroute durch die Felsen, was zwar leicht gefährlich, dafür aber kräfteschonend war. Kurz darauf war auch unser Wasser weg und das Seelein bei Posten 8 stellte sich leider als Güllenfass heraus… Hinauf in den Hörnlipass mussten wir mit trockenen Kehlen und schweren Beinen nochmals leiden, bevor wir an einer Quelle endlich wieder Wasser erreichten. Das Dach des R’adys erklommen wir nach dem 9. Posten, wo wir uns auf über 2600MüM befanden – Simon wollte nochmals ein wenig Steigung fressen und die schöne Aussicht geniessen… Anschliessend ging es ohne weitere grössere Probleme in Richtung Ziel. Den 12. Posten suchten wir noch ca. 5 Minuten, jedoch war hier der Posten etwas unklar gesetzt, resp. die Postenbeschreibung falsch.

Das Ziel erreichten wir völlig zerstört mit einer Gesamtzeit von 11:41:28 (für ca. 80Lkm Luftlinie), was gleichzeitig den klaren Sieg bedeutete! Wir durften 2 coole Jacken und einen Pokal in Empfang nehmen und ich stand (vor allem dank meinem jüngeren Bruder) vermutlich das einzige Mal in meinem Leben zuoberst auf dem Treppchen – was für ein Gefühl! An dieser Stelle herzlichen Dank für das souveräne Kartenlesen, das Tragen von mehr Gewicht und das Rücksichtnehmen. Es war ein unvergessliches Erlebnis und vielleicht versuchen wir im nächsten Jahr, unseren Titel zu verteidigen!

Adrian Brändli

Zurück